Pressemitteilungen Archiv 2019

Landleben ist nur was für Reiche

Erstellt von Frerk Hinrichs |

Grüne Bundestagsabgeordnete plädiert für Kindergrundsicherung und Lernmittelfreiheit

Wilhelmshaven, 29.Aug. 2019 – Die Kosten für Mobilität sind auf dem Land so hoch, dass sich Menschen mit geringem Einkommen kein Leben auf dem Land leisten können. Auch geringere Mietpreise ändern daran wenig. Im Gespräch mit der Bundestagsabgeordneten Kaja Keul berichtet Diakonie-Schuldnerberaterin Georgia Gries, dass Menschen während eines Insolvenzverfahrens im Landkreis Friesland ihr geringwertiges Auto behalten können. Weil alle lebenswichtige Tätigkeiten wie Einkauf, Arzt- oder Behördenbesuche ohne Auto praktisch nicht zu bewerkstelligen sind. Für Insolvenzgerichte ist allerdings allein maßgebend, ob das Auto für den Weg zur Arbeit benötigt wird. Das mache Städte wie Wilhelmshaven für Menschen mit geringem Einkommen oder mit Sozialleistungsbezug attraktiv, ergänzt Diakonie-Sozialarbeiter Wolfgang Steen.

 

Die grüne Bundestagsabgeordnete plädiert für eine Kindergrundsicherung, in der alle bisherigen Leistungen für Kinder zusammen geführt werden. Dafür sollten Kinderfreibeträge aus der Steuer gestrichen werden. Tatsächlich bevorzugen Steuerfreibeträge reiche Eltern, erklärt Keul. Da die Freibeträge bei geringerem Einkommen auch geringer ausfallen. Mit einer Kindergrundsicherung bekämen dagegen alle Kinder das Gleiche.?

 

Bildungsausgaben sollten auch in Niedersachsen durch Lernmittelfreiheit geregelt werden, fordert die Politikerin. Die derzeit gewährten 150 Euro aus dem Bildungs- und Teilhabepaket reichten nicht aus. Auch aus der eigenen Erfahrung mit drei Kindern kann Keul die jüngst von Caritas und Diakonie im Oldenburger Land genannten Werte von über 300 Euro pro Schuljahr bestätigen.?

 

Wolfgang Steen berät Straffällige und Wohnungslose in Wilhelmshaven. Er wies die Rechtsanwältin auf die schwierige Situation von Menschen unter 25 Jahren hin. Sie sind per Sozialgesetz gezwungen, bei den Eltern zu wohnen. Bestehen Konflikte oder Gewalterfahrungen zwischen Eltern und erwachsenen Kindern, weichen viele der jungen Erwachsenen in Wohnungslosigkeit aus. Wohnungsnot beginne schon damit, dass die Betroffenen für Tage bei wechselnden Bekannten schlafen. Junge Frauen verbleiben, so hat Steen beobachtet, häufig viel zu lange in ungesunden Beziehungen. Mehr als 800 Menschen leben in Wilhelmshaven ohne Wohnung. Davon sind 170 Frauen.

 

Bei der Entstehung von Wohnungslosigkeit spielen Entlassungen aus psychiatrischer Behandlung, aus Jugendhilfemaßnahmen oder aus der Haft eine große Rolle, berichtet der Sozialarbeiter. Diesen Menschen falle es meist schwer, bei Behörden und Institutionen über ihre Umstände zu sprechen. Viele schämen sich für ihre Situation. Mit der Diakonischen Beratung bekämen die Menschen dann eine Chance auf Verbesserung ihrer Situation.

 

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